Christian Dandyk

Bilderseschichten

Foto: Matthias Conrad

Ein visueller Chronist meiner Zeit

Der Beruf Fotograf*in zählt genau genommen zu den Handwerksberufen. Das trifft dann zu, wenn Fotografierende Passfotos oder Portraits aufnehmen, am roten Teppich fotografieren, oder Konzertfotos schießen. Produktfotos und Repros herstellen, oder sonstwie Auftragsfotografie betreiben.

Fotografie ist jedoch sehr viel mehr – Fotografie ist Kunst, daher verstehe ich mich als Künstler und nicht als Handwerker.

"Ich interpretiere in und mit meinen Bildern die Welt um mich herum, so wie ich sie sehe und wahrnehme."

Christian Dandyk

Ich bin ein visueller Chronist meiner Zeit, indem ich in meinen Fotografien festhalte was ist. Wir Fotograf*innen sehen die Welt anders als andere Menschen. Wir sind unablässig auf der Suche nach Motiven und Situationen. Innerhalb kurzer Zeit erfassen wir das was wir sehen und ordnen es nach Linien, Farben, und Kontrasten, sortieren wichtiges von unwichtigem aus, wählen eine Perspektive, den notwendigen Sichtwinkel, entscheiden über Zeit und Raum, bis wir schlussendlich auf den Auslösser drücken.

 Damit ist die Arbeit jedoch nicht getan, denn nun müssen wir in der Nachbearbeitung aus dem rohen Foto ein Bild schaffen, ein Prozess, der sich mitunter hinziehen kann. Am Ende folgt der Ausdruck, nicht auf irgend ein Papier, wir wählen aus verschiedenen Sorten das für unser Motiv passende Papier aus.

Hinter jedem einzelnen Foto steckt ein ganzer Arbeitsprozess, der aus einem Motiv, einer Situation ein künstlerisches Werk werden lässt.

Dieses Werk ist übrigens nicht frei verfügbar, es ist urheberrechtlich geschützt, denn es ist vergleichbar mit einem Gedicht eines Dichters, dem Lied eines Sängers, einem Artikel eines Redakteurs oder dem Bild eines Malers.

Unsere Werke sind kein Freigut, sie sind unser Eigentum, von deren Verkauf wir Fotograf*innen uns und unsere Familien ernähnren, und hinter jedem meiner Fotos steckt mal mehr und mal weniger, doch immer künstlerische Arbeit.

Ein gutes Foto im Monat

Es ist beileibe nicht so, dass uns Berufsfotograf*innen mit jedem Druck auf den Auslöser ein gutes Foto gelingt. Handwerklich gut gemacht sollte schon jedes Bild sein, doch zu einem wirklich guten Foto gehört weitaus mehr.

Ich bin viel in den Straßen und in der Natur unterwegs, ständig auf der Suche nach Motiven und Situationen aus denen Bilder werden. Das ist ein künstlerischer Prozess, der auch viele „normale“ Fotos hervorbringt. Da geht es mir nicht anders als den Sänger*innen, Dichter*innen oder Maler*innen. Vieles von dem was wir machen landet im Papierkorp oder bestenfalls im Privatarchiv. Hinter allem steckt jedoch ein künstlerischer Schaffensprozess.

Wen ich meine Bilder in den Rechner einsortiere, dann werden sie gleichzeitig verschlagwortet und erhalten eine Bewertung in Form von null bis fünf Sternen. Ein wirklich gutes Bild bekommt drei Sterne, doch nur die herausragenden erhalten die vollen fünf Sterne. Ich gehe mit mir und meinen Fotos sehr selbstkritisch um und lege an meine Arbeit einen hohen Anspruch. Tatsächlich ist es daher so, dass ich so im Schnitt auf ungefähr zwölf 5-Sterne-Fotos im Jahr komme, also ein gutes Foto im Monat!

 

An drei Bildern mächte ich einal die Geschichte hinter den Fotos erzählen. Es sind drei meiner wichtigsten Werke im Bereich Streetfotografie. Meine Bilder sind wie ein Teil von mir, denn in ihnen stecken Ideen, Arbeit und Liebe für meinen Beruf.

Final Step

Sie werden es nicht vermuten, doch hinter diesem Foto steckt eine Menge Zeit und Arbeit.

Es war im April 2013 in London, als ich in einer Seitenstraße der Oxford Street diese Werbung von GAP sah. Innerhalb weniger Augenblicke stand für mich fest, wie dieses Bild weiter geht, und so stellte ich mich auf die gegenüber liegende Straßenseite und wartete.

Viele Passantinnen kamen vorbei, doch erst nach mehr als einer Stunde war der perfekte – Final Step – aufgenommen. Es war also nicht so, dass ich intuitiv mal schnell die Kamera hoch vor das Auge gerissen, und einen Schnappschuss aufgenommen habe. Nein, hinter diesem Bild steckt mehr als bloß der Druck auf den Auslöser meiner Kamera.

London Rain Photographers

Im April 2012 wurde ich vor dem Britischen Parlament von einem, auch für Londoner Verhältnisse, ungewöhnlich heftigen Regen überrascht. Alle Menschen um mich herum versuchten eilig einen Platz im Trockenen zu erreichen, währenddessen ich weiter fotografierte und diese Szenen im Bild festhielt. Da sah ich diese drei Pressefotograf*innen an der Einfahrt zum Londoner Parlamentsgebäude stehen. Unter widrigsten Bedingungen wechselte ich schnell das Objektiv, nahm entsrpechende Einstellungen an meiner Kamera vor, suchte die passende Perspektive und wenig später war das Foto aufgenommen.

Dieses Foto war mein Foto des Jahres und das wusste ich bereits im Moment der Aufnahme. Nebenbei ist es auch mein erfolgreichstes Foto geworden.

Wiener Polizistinnen

Nach einem leichten Regenguss im Mai 2013 schlenderte ich durch die Wiener Innenstadt. Um den Hals hing meine Kamera, mit der ich das machte, was gemein hin als Streetphotography bezeichnet wird. Schon aus einigem Abstand erkannte ich, dass diese drei charmanten Polizistinnen mein perfektes Motiv waren. Ich stellte meine Kamera so ein, dass ich innerhalb kürzester Zeit die perfekte Aufnahme machen konnte. Knapp drei Meter vor ihnen ging ich kurz in die Hocke, nahm die Kamera vors Auge um den bestmöglichen Bildausschnitt zu wählen und machte das Foto.

Innerhalb weniger Sekunden war alles erledigt, ohne das irgendjemand mitbekommen hatte, was da gerade passiert war. Auch dieses Bild ist kein Schnappschuss, sondern ein genau kalkuliertes Foto und heute eines meiner Lieblingsbilder.

Das waren jetzt drei Beispiele, die vielleicht einen kleinen Blick hinter die Kulissen geben – ein making-off quasi. Es sind auch diese Geschichten hinter den Bildern, die den Beruf Fotograf*in so spannend und mitunter aufregend machen.

Nur fliegen ist schöner

Ein anderer aufregender Bereich ist die Luftbildfotografie. Schon mit 16 Jahren hatte ich meinen Einstieg in dieses Thema, als ich in meiner Ausbildung Aufnahmen vom Ausbau der innerdeutschen Grenze machen durfte. Damals war es nur den Alliierten erlaubt, an der Grenze zu fliegen und so fuhren wir mit dem deutschen Zoll zur nahegelegenen britischen Kaserne um dort mit einem Helikopter die Grenze abzufliegen. Es war wie in dem Film Apocalypse Now. Wir saßen mit unseren Kameras im Anschlag auf dem Boden, mit den Füßen auf den Kufen des Helikopters. Von oben drückte der Wind der Rotoren auf uns nieder. Die satt und laut klopfenden Geräusche der Rotorblätter unserer Bell UH-1 durchdrangen jede Faser meines Körpers. Es war dieser erste Flug, der mich nie mehr losgelassen hat und meine Begeisterung fürs Fliegen auslöste.

Heute sind Helikopterflüge seltener geworden, weil ich viele meiner Luftaufnahmen mit Drohnen machen kann, was für uns vor über vierzig Jahren unvorstellbar gewesen wäre.

Die Sicht auf unsere Welt von oben ist inzwischen zum Standard geworden und darf in keiner Dokumentation mehr fehlen. Diese Sicht offenbart jedoch auch das immer stärkere Eindringen von uns Menschen in die Natur. Da werden auf einmal die Wunden deutlich, die wir in die Landschaft schlagen und dann bin ich wieder der Chronist, der mit der Kamera, wie mit dem Finger, auf die Welt zeigt und im Bild festhält, wie wir unseren Lebensraum immer weiter zerstören.

 

Erst von oben wird wirklich deutlich was wir unserer Welt antun und was für eine Welt wir unseren Kindern hinterlassen werden. Ich wünschte, viel mehr Menschen würden diese Sicht auf die Welt haben, denn sie öffnet uns die Augen für die Realität und die Folgen unseres Handelns.

 

Ohne uns Fotograf*innen und Filmemacher*innen würde es diese Bilder nicht geben.

Unendliches Wachstum ist auf einem endlichen Planeten nicht möglich!

Dirk Steffens - Terra X

Von Hobbits und Orks

Es gibt Momente, die sind wie Stiche ins Herz. 2017 war ich in den schweizer Alpen für Landschaftsaufnahmen unterwegs. Am Luckmanierpass, einem der schönsten Alpenpäesse die ich bisher kennengelernt hatte fand ich diesen vielleicht 10 oder 20 Jahre alten Baum. Er gehört zu einem der Größten Arvenwälder der Schweiz. Ein Wald, von dem ich immer sage: „käme mir hier ein Hobbit oder Ork entgegen, so würde es mich nicht wundern, weil sie dort hingehören“.

 

Ein Jahr später kam ich wieder zu diesem Baum, vielleicht hatte ich eine Vorahnung. Sein obere Teil war inzwischen wohl Brennholz geworden und der untere Stamm diente nun als Weidezaunbegrenzung. Für mich war es schlicht unverständlich, wie wenig Respekt und Achtung man für die Natur haben muss, um so einen Baum zu fällen, nur um vielleicht etwas Holz für ein abentliches Lagerfeuer zu haben.

Mit diesen Blicken hinter die Kamera wollte ich ein wenig aufzeigen, was mein Beruf für mich bedeutet. Wir leben in einer Zeit der Bilderflut, in der wir tagtäglich Bilder aus der ganzen Welt sehen. Ob in Sozialen Medien, auf Webseiten oder im Fernsehen. Viele Bilder fliegen nur so an uns vorbei. Es sind jedoch die Blickstopper, die unseren Sehfluss unterbrechen, weil sie etwas ungewohntes zeigen, einfach wunderbar oder gar traumhaft sind, sie uns schockieren oder angenehm berühren. Es sind die Bilder, die uns dazu anregen über sie oder die Geschichte die sie erzählen nachzudenken.

 

Mit meinen Bildern versuche ich solche Blickstopper zu schaffen. Bilder die anders sind und sich von der Masse abheben. Das gelingt mir nicht immer, doch mit zunehmendem Alter immer häufiger. Dafür gehe ich raus in die Welt und fotografiere. Und wenn mich jemand nach meinem Ziel fragt, dann sage ich, dass ich schon längst dabei bin, meinen fotografischen Traum zu leben.

Alle Fotos auf meiner Webseite sind urheberrechtlich geschützte Werke, von deren Verkauf ich mich und meine Familie ernähre. Wenn Sie eines meiner Bilder kaufen möchten, so schreiben Sie mir oder rufen mich an. Meine Kontaktdaten finden Sie im Impressum.